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Entstehungs- und Erhaltungsgeschichte
Die Deckengemälde im Erdgeschoss des Gärtnerhauses sind 1711 zu datieren. Erhalten hat sich die Abrechnung vom 22. August 1711 mit den „von Würzburg anhero beschriebene [= bestellte] zwey Fresco Mahler“.[1] Sie erhielten für ihre Arbeit „Im Gartten Hauß Saal [nämlich] 6. große felder in fresco gemahlt, alß in 4. die Vier Theil der Welt, und in 2. die Vier Jahrs Zeithen“ erhielten […] 45 fl.“.[2] Der Name der beiden aus Würzburg berufenen Freskanten wird in den Quellen nicht genannt.
Die Summe von 45 Gulden ist nicht sehr hoch, verglichen mit dem Schlafzimmer des Grafen, für dessen Ausmalung die beiden Freskanten in der gleichen Abrechnung 50 Gulden erhielten. Da die Maler für die Pigmente ihrer Gemälde im allgemeinen selbst aufkommen mussten, kann es gut sein, dass die Gemälde im Gärtnerhaus weniger Pigmente erforderten als die des Schlafzimmers, was den verhältnismäßig niedrigen Preis gerechtfertigt hätte. Auch ist es gut möglich, dass die großen Himmelspartien in den Gemälden des Gärtnerhauses den Preis gegenüber komplett figürlichen Bildern drückten.
Die Deckengemälde sind al fresco mit Zusätzen al secco gemalt. Vor der Instandsetzung des Gärtnerhauses in den Jahren 1990 bis 1995 waren sie in einem schlechten Zustand, zumal die Decke zur Raummitte hin bis zu 40 cm durchhing. Das Deckengemälde in der Nordwestecke mit dem zu ergänzenden Erdteil Amerika war weitgehend verloren wegen anhaltender Wasserschäden durch den darüber eingebauten Sanitärbereich.
Charakterisierung der beiden beteiligten Maler
Die Gemälde wirken hinsichtlich der Farbgebung ausgesprochen einheitlich, doch lassen sich anhand einiger charakteristischer Merkmale der Figuren die beiden in der Abrechnung genannten Maler voneinander unterscheiden. Der Maler der Jahreszeiten zeichnete sich durch eine genaue Beobachtung und Wiedergabe der Wirklichkeit aus. Dies zeigt sich an dem aus Bacchus‘ Mund herabrinnenden Wein ebenso wie an der Schneeballschlacht der Putten des Winters oder an den wirklichkeitsgetreu und vielfältig wiedergegebenen Blumen und Früchten. Gleichzeitig gelang es ihm, die Personifikationen zu dynamisieren, indem die Putti ereignishaft etwas herbeitrugen, hochstemmten oder hochrafften. Auch versuchte der Maler der Jahreszeiten dem Anbringungsort der Bilder an der Decke mit einer leichten Untersicht gerecht zu werden. Seine malerischen Grenzen zeigen sich allerdings an den ungeschickt großen und groben Händen und Füßen. Seine Gesichter sind ebenfalls grob und wirken unbeholfen.
Der Maler der vier Erteile verfügte souverän über ein zeitgemäßes Repertoire an Körperhaltungen, das im Fall Europas von Heiligendarstellungen der Zeit abgeleitet scheint. Hände, Füße und vor allem auch die Gesichter sind viel ausdruckvoller als bei seinem Kompagnon der vier Jahreszeiten. Im Gegenzug war der Maler der Erdteile kein guter Tiermaler. Seine Tiere wirken wie die eines Kindes mit zudem vermenschlichtem Gesichtsausdruck. Die Unzulänglichkeit in der Darstellung der Tiere ist zugleich ein wichtiges Argument, auszuschließen, dass es sich bei den beiden namentlich nicht genannten Freskanten aus Würzburg um den zeitgleich in Weikersheim malenden Johann Valentin Weiß mit seinen zeitweisen Kompagnon Zacharias König gehandelt haben könnte. Wie oben im Zusammenhang mit den beiden Gemälden der Aurora ausgeführt, beherrschte Weiß am besten die Darstellung von Tieren.
Im Unterschied zu seinem Kompagnon, der anatomisch und im Ausdruck der unbeholfenere Maler der beiden Freskanten war, bemühte sich der Maler der Erdteile nicht um eine Untersicht seiner Figuren. Dies spricht zusammen mit der scheinbar einer Märtyrerfigur entnommenen Europa für eine Vorgehensweise nach festen Mustern.
Die Maltechnik scheint bei beiden Malern ähnlich. So bewirkten beide Plastizität und Höhungen etwa bei den Gesichtern mittels roter Schraffuren. Dies könnte auf die enge Zusammenarbeit der beiden Maler über Jahre hinweg oder auch darauf zurückzuführen sein, dass die Bilder des einen vom andern in manchen Details nochmals nachgearbeitet wurden.
[1] HZAN We 115 Bü 1679, Beilagen, Baurechnung 1711/12, Nr. 2. Die Kenntnis und die Transkription dieser Quelle verdankt die Autorin Elke Valentin.
[2] Ebd.