Description:Q227

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Das Stubenappartement im ersten Obergeschoss des Küchenbaus bildet eine hervorragend aus der Bauzeit erhaltene repräsentative Wohneinheit, bestehend aus Flur, Stube und Schlafkammer. In den Inventaren von 1627 und 1639 wurden Stube und Kammer als Einheit betrachtet und gemeinsam als „Gülden Gemach“ geführt.[1] Beide Räume besaßen Aborte in der Außenwand, von denen heute nur noch der der Stube freiliegt.[2] Ein gemeinsamer Kachelofen des 17. Jahrhunderts, der nach einem Umbau im 18. Jahrhundert bis heute besteht, beheizte beide Räume.[3] In der Mitte der Trennwand vermittelt eine zweiflügelige Tür, doch waren beide Räume jeweils auch separat von einem breiten, gut belichteten Flur (R. 73a) entlang der Hofseite zugänglich. Im Flur haben sich aus der Bauzeit der Steinbelag und die Decke mit Rahmenstuck erhalten.

Nach Ansicht der Autorin ist im Süden dem Saal zugewandt die zweiachsige Stube (R. 74), im Norden die ebenfalls zweiachsige, geringfügig größere Schlafkammer (R. 74) zu lokalisieren. Diese hier erstmals vorgenommene Zuweisung der Raumfunktionen basiert auf dem ikonographischen Programm der Stuckdecken. Beide Decken enthalten martialisch-tugendhafte Themen, doch sind in der Stube nur Männer, in der Schlafkammer auch Frauen involviert, die dort für ihre Ehre sterben. Am Unterzug der Kammer könnten Putten und paarweise angeordnete Vögel, Eichhörnchen und Granatäpfel auf eheliche Eintracht verweisen. Bei dieser Raumverteilung wäre die Stube näher am Saal und am Treppenturm gelegen als die Kammer, was plausibel ist, da die Kammer als Schlafraum weniger leicht zugänglich als die Stube sein sollte.

Das „Gülden Gemach“ könnte Graf Wolfgang als Repräsentationsappartement gedient haben. Diese Vermutung basiert auf dem martialischen Programm an der Decke. Allerdings ist zu bedenken, dass sich die Dekoration des darüberliegenden, in der Folgerung der Gräfin zuzuweisenden Appartements nicht erhalten hat, sodass sich keine Gegenprobe vornehmen lässt. Einen weiteren Vorbehalt liefert das Inventar von 1627, indem damals im zweiten Obergeschoss nicht die damalige Gräfin, sondern Graf Georg Friedrich, also der Nachfolger Graf Wolfgangs, gewohnt zu haben scheint. An der Wand hing dort nämlich „Ein H. Wolffgang, alß I.Gd. Herrn Vatters hochseel. gedächtnuss Contrafehung“ Bild.[4]

Im Zwickel zwischen Stube und Kapelle befindet sich ein kleiner, nur vom Flur aus zugänglicher Raum (R. 73). Dem Schadensinventar des Jahres 1639 zufolge standen dort Truhen vornehmlich zur Aufbewahrung von Tischwäsche.[5] Funktional war er also nicht dem Appartement als Garderobe, sondern dem Saal und der Tafelstube als eine Art Gardemeuble zugeordnet.

[1] HZAN La 130 Bü 152, Schadensinventar von 1639. Die Kenntnis und die Transkription dieser Archivalie verdankt die Autorin Frieder Leipold. Das Inventar von 1627 übermittelte kollegialerweise Dinah Rottschäfer der Autorin.

[2] Siehe den Grundriss bei Ziegler, Idealplan, 2019, S. 148. Die Belüftungsöffnungen am Außenbau bei Großmann, Beobachtungen, 2019, S. 128 mit Abb. 8.

[3] Fandrey, Weikersheim, 2010, S. 60.

[4] Die Autorin dankt Dinah Rottschäfer für die Zurverfügungstellung des Inventars.

[5] HZAN La 130 Bü 152, Schadensinventar von 1639. Die Kenntnis und die Transkription dieser Archivalie verdankt die Autorin Frieder Leipold.